Wenn ich über IT Service Management nachdenke, kommt mir oft das Autohaus-Beispiel in den Kopf. Dabei vergleiche ich meine Erfahrung mit der Kundenfreundlichkeit, die ich in einer Markenwerkstatt bekomme, mit der in einem PC Reparatur Laden oder einer IT Abteilung.
In der Markenwerkstatt
Ich rufe hauptsächlich wegen 3 Fällen in meiner Werkstatt an:
- Häufig: Ich möchte einen Kundendienst- oder Reifenwechsel- Termin. In diesem Fall werde ich nach einem Wunschtermin gefragt, und ob mir etwas besonderes aufgefallen ist. Der Rest läuft fast ohne mein zutun ab. Ich gebe mein Auto zum vereinbarten Termin ab, bekomme eine Tasse Kaffee angeboten oder auch ein Ersatzauto für den Tag.
- Manchmal: Ab und Zu tritt eine Störung am Auto auf, was sich auf verschiedene Art äußern kann. Ich werde in der Regel mit dem Meister oder zumindest einem Mechaniker verbunden und bekomme nach einer (möglichst präzisen) Fehlerbeschreibung eine Auskunft um was es sich handeln könnte und ob ich weiterfahren oder den Pannendienst holen soll.
Bringe ich mein Auto dann wieder in die Werkstatt, wiederholt sich der gleiche freundliche Vorgang. Auto abgeben, Kaffee trinken, Ersatzauto mitnehmen. - Selten – Ich möchte ein neues Auto kaufen. Dann werde ich wie ein Superstar empfangen, aber das lassen wir aus unserem Beispiel besser weg.
Als Fazit kann ich sagen, egal ob gerade viel oder wenig los ist, der Umgang ist freundlich, man versucht meine Wartezeit angenehm zu gestalten (was auch mal für Produktwerbung genutzt wird) oder ich bekomme ein Ersatzgerät. Das bietet nicht unbedingt die selbe Leistung und den gleichen Komfort wie mein eigenes Auto, reicht aber so gut wie immer aus. Ach ja – ob ich das Problem selbst verursacht habe, spielt nicht die geringste Rolle.
Mein Beitrag dazu, der vielleicht auch eine Rolle spielt: Ich bemühe mich einen erkannten Fehler umgehend zu kommunizieren und präzise zu beschreiben, ein „Die Karre geht schon wieder nicht“ wäre vermutlich wenig hilfreich für beide Seiten. Und ich erwarte nicht sofort einen Termin in der Werkstatt, ich begnüge mich mit der Auskunft am Telefon. Ich bin auf der untersten Stufe für Kfz-Bediener qualifiziert und zertifiziert (Führerschein der passenden Klasse).
Beim IT Service
Beim IT Service sieht das in der Regel ein wenig anders aus. Ein Kundendienst ist nicht vorgesehen, bestenfalls werden Updates geplant und ausgerollt. Eine Tasse Kaffee bekomme ich auch nicht und ein bequemer Wartebereich ist Mangelware. Das kann natürlich am Budget und am Platzangebot der IT Abteilung oder des Service-Shops liegen, oder daran dass es überhaupt nicht vorgesehen ist dem Klienten eine angenehme Wartezeit zu bieten.
Innerhalb einer Firma kann ein Ersatzlaptop durchaus üblich sein, aber bekomme ich dieses auch so, dass ich mich hinsetzen und loslegen kann? Bei Privatkunden im Serviceshop sieht das sicher anders aus und selbst wenn ein Ersatz möglich ist, kann ich damit umgehen?
Bei der präzisen Fehlerbeschreibung wirds jetzt ganz eng. Ein geändertes Verhalten des PCs wird vom Benutzer eher selten an die IT Abteilung gemeldet und wenn, bekommt er noch seltener eine hilfreiche Auskunft.
Bei Fehlermeldungen hat bisher auch noch keines der mir bekannten Systeme eine einfache, mit aussagekräftigen Symbolen versehene Warnanzeige etabliert.
Mein Fazit: Die Kommunikation ist eher tagesformabhängig und selten wirklich freundlich. Der gesamte Vorgang ist nicht auf eine angenehme Erfahrung ausgerichtet. Selbst bei vorhandenen Ersatzgeräten ist nahtloses Weiterarbeiten selten möglich.
Der Beitrag des Anwenders: Fehler kommuniziere ich nicht im Ansatz, viel öfter erst, wenn eine Weiterverwendung / Reparatur nur noch schwer möglich ist. Fehlerbeschreibungen versuche ich gar nicht erst präzise zu formulieren, auch eine Meldung wie „Ihr Druckauftrag wurde ausgeführt“ sind nur kryptische Meldungen, mit denen Benutzer sowieso nichts anfangen können. Hilfe erwarte ich immer sofort, mein Problem ist für mich schließlich das Größte. Eine entsprechende Grundqualifikation habe ich natürlich nicht.
Managed IT Service
Warum funktioniert das jetzt bei meinem Auto so gut und bei meinem Laptop so schlecht?
Meine Erklärung gilt jetzt natürlich nicht für alle Fälle, sondern schöpft aus meiner persönlichen Erfahrung.
Zum Einen ist es ganz klar die Standardisierung. Autos sind, auch wenn sie sehr individuell erscheinen, hochgradig standardisiert. Im Prinzip kann ich mich als Führerschein Inhaber in ein fremdes Auto setzten und losfahren. Bis auf ein paar Kleinigkeiten unterscheidet sich die grundlegende Bedienung von verschiedenen Autos nicht.
Bei Laptops – sollte man meinen – könnte das doch ähnlich sein? Selbst wenn das gleiche Betriebssystem, die gleichen (wesentlichen) Anwendungen und evtl. der selbe Hersteller zur Verfügung stehen, scheinen die Anwender hier wesentlich mehr Probleme beim Umstieg zu haben.
Ansatz Nr. 1 – PC-Führerschein
Möglicherweise liegt es an der (oft fehlenden) Grundqualifikation und an den damit einhergehenden selbst erlernten Angewohnheiten („Klickstrecken“). Der Benutzer kennt die „Standards“ überhaupt nicht und ist in einer nicht personalisierten Umgebung erst einmal recht unsicher.
Dagegen könnten natürlich Schulungen helfen, ein Führerschein zur PC-Bedienung. Der Benutzer könnte sich an das Ersatzgerät setzen und los arbeiten, da er die zu Grunde liegende Technik verstanden hat und nicht auf die gewohnte Ansicht von Hersteller XY angewiesen ist.
Ansatz Nr. 2 – Erweiterte Serviceleistungen
Die IT-Abteilungen oder Reparaturshops sind selten auf solche Szenarien eingerichtet.
Die Reparaturannahme für Laptops könnte zu einem ähnlich angenehmen Erlebnis wie beim Auto werden. Sitzplätze, Zeitschriften und kostenlose Getränke während der Benutzer auf die Eingangsprüfung wartet. Bei Reparaturzeiten die eine Stunde übersteigen gibt es ein Ersatzgerät und eine Benachrichtigung zum Abholen des reparierten Kundengeräts.
Ansatz Nr. 3 – Ersatz statt Reparatur
Das geht Reparaturshop nicht ganz so einfach, in kontrollierten Umgebungen ist es aber möglich. Alle benutzerdefinierbaren Einstellungen werden gesichert und bei Bedarf auf das Ersatzgerät übertragen. Damit kann das Ersatzgerät auch gleichzeitig weiterverwendet werden.
Alles schön und gut
Und was hat da jetzt mit ITSM zu tun? Viel – sogar sehr viel!
Services, Prozesse und auch Geräte wollen standardisiert werden. Dazu verwenden wir die Dokumentation aus unserem IT Service Management. Benutzer werden geschult, Einstellungen werden dokumentiert – damit kann die IT-Abteilung (und mit ein wenig Vorarbeit auch der Reparaturshop) einen ähnlich tollen Service wie das Autohaus anbieten. FitSM machts möglich.
Wo liegt dann das Problem?
Zum einen ganz bestimmt im Budget. Da der Vorteil eines solchen Vorgehens ohne gutes ITSM-Reporting nicht greifbar ist, fällt es schwer für solche Luxusprobleme eine Finanzierung hin zu bekommen. Erst wenn der Mehrwert durch kürzere Ausfallzeiten belegt werden kann, lässt sich auch ein ROI aufzeigen.
Ein freundlicher Umgang ist auch schwer messbar und damit einhergehende positive finanzielle Auswirkungen noch schwerer. Ein Beispiel könnten Benutzerfehler sein, die schneller und vollständiger gemeldet werden. So wird möglicherweise weiterer Schaden frühzeitig vermieden und der Reparaturaufwand verringert.
Wollen Benutzer und Servicemitarbeiter geschult werden? Manchmal. Natürlich kosten Benutzerschulungen erst mal Geld. Kompetentere Benutzer, die weniger Fehler machen und schneller arbeiten und dank ihrer neuen Kenntnisse zufriedener mit ihrem Arbeitsgerät sind sparen diese Kosten sicher schnell wieder ein.