Vor ein paar Wochen sah ich mich unerwartet einem Problem gegenüber. Während ich geschäftlich für etwa 3 Wochen unterwegs war, meldete sich ziemlich zu Anfang dieser Tour meine Festplatte mit ein paar recht deutlichen Anzeichen von Arbeitsverweigerung. Das Herstellertool bescheinigte mir zwar 98% Restlebensdauer verfügbar, doch spontane Read Only gemountete Partitionen und ein teilweise recht merkwürdiges Verhalten meines Laptops machten mich unruhig. Nach einigen Tests war ich mir ziemlich sicher das kein Virus am Werk, jedoch die verbaute SSD Ursache des einfrierenden Desktops war.

Ich entschied mich das System über eines bootbares Live-System weiter zu betreiben. Auf meinem 8 GB USB-Stick testete ich verschiedene verfügbare Distributionen.

 

Den Anfang machte ich mit den sowieso auf meiner Festplatte liegenden ISOs. Die speziellen Rescue-Systeme hatte ich bereits durch, zu Anfang versuchte ich ja meine Partition zu motivieren und wieder ins Team zu holen. Die verschiedenen Installer boten zwar einen schnell konfigurierten Live-Test-Desktop, zum Arbeiten waren sie aber ungeeignet, da ich bei jedem Booten, alle Einstellungen neu treffen sollte. Ich blieb dann an 3 vielversprechenden Umgebungen hängen. Tails, Knoppix und Puppy Linux.

Tails bietet die Möglichkeit einen Teil des USB-Sticks als (verschlüsselte) Partition einzuhängen und so Konfigurationen und Dokumente abzuspeichern. Der Fokus von Tails liegt aber, wie der Name “The Amnesic Incognito Live System” schon andeutet, auf verschleiern und verstecken des Nutzers und dessen Aufenthaltsorts, was nach verschiedenen Berichten (und zahlreichen empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen) anscheinend gut funktioniert, nicht auf Komfort und täglicher Arbeit. Das war meiner Meinung nach zwar interessant, aber übertrieben, denn zumindest aktuell ist IT-Consulting in Deutschland völlig legal.

Knoppix hatte ich schon oft verwendet, aber noch nie als reguläre Arbeitsumgebung. Knoppix hatte mir in den letzten Jahren schon oft aus der Patsche geholfen, insbesondere bei Bootversagen nach Systemupdate. Welches System das am meisten betrifft will ich hier nicht breit treten. Knoppix bringt unter anderem wohl die meisten Tools und die meisten möglichen Hardwarekombinationen unter einen Hut. Was mir gefehlt hat ist das Customizing, das idealerweise mit einer intelligenten Lösung abgespeichert wird.

Meine Recherchezeit war begrenzt, also blieb ich beim nächsten Versuch hängen: Puppy-Linux. Puppy-Linux gibt es in verschiedenen “Geschmacksrichtungen” bzw. basierend auf verschiedenen Linux-Distributionen, die unterschiedlich zusammengesetzt werden. Das ganze kommt als “Ready-to-Use” und “Easy-of-Use” ISO-Datei und kann so auf CD / DVD oder USB-Stick gebannt werden. Sämtliche Konfigurationen können per Klick oder beim Herunterfahren (optional) gespeichert werden. Genau genommen schreibt man das Live-Linux aus dem RAM auf den Stick, was manchmal etwas zeitaufwändig sein kann, aber bestens funktioniert.

Nach anfänglichen Problemen mit einem “versteckten” WLAN, das brauchte ein wenig Fummelei bis ich es benutzen konnte, ging es einigermaßen reibungslos. Netzwerkeinstellungen waren allgemein ein wenig frickelig, vom gewohnten Kabel einstecken, DHCP Adresse beziehen und los gehts wollte Fossapup nichts wissen. Das kann man jetzt als Feature betrachten, dass man erst den Netzwerkassistenten aufrufen, die Schnittstelle auswählen und manuell auf “DHCP” klicken muss, ich fand es eher nervig.

Die (Vor-)Auswahl an Programmen war am Büroalltag eines IT-Consultants gemessen gut. Nach einiger Zeit habe ich LibreOffice installiert, da Abiword und Gnumeric zwar funktional ausreichend, aber dennoch manchmal etwas sperrig waren. Dem default Mail Client Claws kann ich viel positives abgewinnen. Nur die Mailheader abzurufen scheint zwar seit der Einführung von DSL unpopulär, wer aber schon mal mit EDGE, aufgebrauchtem High-Speed-Volumen oder schlechtem Hotel-Internet gekämpft hat lernt so etwas zu schätzen. Auch die Thunderbird Verschlimmbesserung das PGP-Modul zu integrieren anstelle von Enigmail, lässt mich mit dem Leichtgewicht Claws Mail auf meinem regulären Desktop liebäugeln.

Was mir wirklich Kopfschmerzen auf meinem Thinkpad L540 bereitet hat, war der Browserzugriff auf Webcam und Sound. In Zeiten in denen Webmeetings, Videokonferenzen und Audiocalls alle Nase lang stattfinden, war es echt hart, wenn diese Zugriffe nur sehr eingeschränkt, oder wackelig sind. Man glaubt gar nicht wie sehr man sich die Umgebung in einem Rechner anpasst, das man schnell und effizient arbeiten kann, Passwortdatenbank und Firefox-Profil konnte ich zum Glück einfach von der alten Festplatte kopieren.

Abschließend bleibt mir zu sagen: Hut ab vor soviel Linux Arbeitsumgebung auf einem USB-Stick. An einigen stellen musste ich zwar sehr mit der Technik, oder besser gesagt deren Konfiguration kämpfen, alles in allem war Fossapup aber ein guter Ersatz für mein Laptop OS. Nichtsdestotrotz war ich sehr froh als meine Ersatzfestplatte geliefert wurde und ich wie gewohnt weiterarbeiten konnte.